Portrait von Britta Preusse in einem Biergarten in Hamburg

Fünf Jahre später.

Im November 2019 begann die schwerste Reise meines Lebens: der Abschied von meinem geliebten Mann Carsten. An dem Tag, als ich ihn zum letzten Mal in meinen Armen hielt, starb auch ein Teil von mir. Dieser Moment markierte den Beginn eines Weges voller Trauer, tiefem Schmerz, aber auch erstaunlichem Wachstum und Veränderung.

Nach fünf Jahren war der Todestag anders.

Die letzten Tage ging es mir nicht sonderlich gut, ich merkte, dass sich Gefühle in mir breit machten, die ich nicht richtig deuten konnte. Diesmal waren es andere Gefühle – nicht die, die auf deinen heutigen Todestag hindeuten. Das fand ich merkwürdig, denn alles war geplant: ich wollte Dienstag nach der Arbeit zu meinen Eltern fahren, an Allerheiligen nach Wuppertal, zu meinen lieben Schwiegereltern und zu deinem Grab, um dann Montag, an deinem Todestag, wieder in Hamburg zu sein.
Doch ich konnte keine Verabredung treffen, verschob Tag für Tag meine Anreise, bis mir irgendwann klar wurde, dass ich gar nicht in meine alte Heimat fahren würde. Daraufhin wurde das beklemmende Gefühl in mir leichter, es löste sich. Und die Puzzleteile setzten sich zu einem Bild zusammen.

Eine neue Ebene in meiner Entwicklung.

Fast täglich habe ich in meinem Job mit Sterben, Tod und Trauer zu tun. Vor mir sitzen Menschen, die mir ihre Geschichten erzählen, die meiner oft ähneln. Ich spiegele sie, gebe ihnen Halt. Und erlebe immer auch ein bisschen meine eigene Trauer. Jetzt auch noch in mein altes Zuhause zu fahren, dort wo meine Erinnerungen in Kisten verpackt sind, in meine alte Stadt, in der wir glücklich waren und du jetzt begraben liegst, das schien mir zu viel.

Was ich jetzt wirklich brauche, ist meine Zukunft anzunehmen und der Trauer etwas Lebendiges und Fröhliches entgegenzusetzen. Meine Seele sagt mir, dass es jetzt an der Zeit ist, den 5. Todestag als Eintritt auf eine neue Ebene meiner Entwicklung zu begrüßen. Mir in Hamburg etwas aufzubauen, Zweisamkeit zu genießen und Pläne zu schmieden. Ich sehne mich nach Leichtigkeit und Frohsinn. 

Dein fünfter Todestag ist mein fünfter Geburtstag.

Heute, an deinem Todestag, mein geliebter Carsten, denke ich – wie jeden Tag – an dich. Und ich höre dich zu mir sprechen, dass ich endlich mein neues Leben ausfüllen soll. Dass ich wieder ein Stückchen mehr die Vergangenheit loslassen darf. Tränen laufen mir über die Wange. Liebe endet nie. Und das gilt auch für die Liebe zu mir selbst. Ich bin bereit, das Leben wieder zu umarmen. Dein fünfter Todestag ist mein fünfter Geburtstag – Zeit, mein Leben hier im Norden zu akzeptieren und neu zu gestalten.

Carsten und Britta urmarmt, stehen am Rande eines Vulkankraters auf Hawaii


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