ein Selfie mit Hund

Ich lebe mit meinem Hund Cooper im Rhein-Kreis Neuss. Nach Stationen in Köln und Wuppertal wollte ich nach dem Tod meines Mannes in der Nähe meiner Familie sein. Ich liebe die Ruhe und die Spaziergänge über den renaturierten Braunkohleabbau sowie die kurzen Wege nach Düsseldorf, Köln oder die Niederlande. Das Rheinische Revier ist ein spannender Standort, in dem gerade viel Zukunft passiert.

 

Vor 18 Jahren habe ich mein Design Diplom an der Köln International School of Design absolviert. Seit ich zehn Jahre alt war, wollte ich immer Grafiker werden, weil ich die Vorstellung hatte tolle Plakate für Litfaßsäulen zu malen. Oder Architektin, doch ich hatte zu viel Respekt vor Statik und technischen Dingen.

 

Vor 7 Jahren keimten bei mir und einem befreundeten Designer aus Wuppertal erste Ideen für einen Coworking Space auf. Den haben wir 2018 dann auch eröffnet. Das „codeks“ in der alten Elbafabrik mit zweitausend Quadratmetern Raum für Ideen. Das war eine wahnsinnige und großartige Zeit!

 

Im November 2019 begann eine neue Zeitrechnung. Ich bin im 4. Trauerjahr und auf meiner Reise in ein neues Leben. Aktuell absolviere ich eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin und strebe eine neue Selbständigkeit an.

Welche Erkenntnis ziehst du aus deiner Trauer?

Mein Learning ist, dass Trauer die Zeit braucht, die sie braucht. Man kann nicht daran ziehen, sich verstecken oder verstellen. Wenn man begreift, dass Trauer etwas Gutes ist, dass der Schmerz sich darin verändern wird, dass es immer noch etwas da draußen gibt, für dass es sich zu leben lohnt, dass die Medaille immer zwei Seiten hat, dann können wir mit dieser Form der Liebe weiterleben.

Wir Menschen sind zu so viel fähig! Aber wir müssen das Trauern und den Umgang mit Trauernden erst wieder lernen. Das geht nur, wenn wir kommunizieren.

Wie ist dein Mann gestorben?

Er hatte Knochenmarkkrebs. Die Hinweise auf die Krankheit waren so diffus, dass wir lange dachten, seine Beschwerden kämen vom Stress. Seine Krebs-Diagnose und der Zusatz „unheilbar“ hebelten unsere Welt völlig unerwartet aus den Fugen. Bis zu seinem Tod hatten wir elf Monate. Nach sechs gescheiterten Therapien starb er schließlich an Organversagen.

Wie hast du dich verabschiedet?

Ich habe meinen Mann bis in den Tod begleitet und nicht aus den Augen gelassen. Er ist im Krankenhaus gestorben, aber nur, weil wir an diesem Tag einen ambulanten Termin beim Arzt hatten. Aber seine Zeit reichte nicht mehr, um ihn Zuhause sterben zu lassen. Hier kümmerten sich die Schwestern und Pfleger um ihn, so dass ich Familie und Freunde benachrichtigen konnte, damit wir uns alle in Ruhe verabschieden. Es war der schlimmste Tag in meinem Leben und auch der eindrucksvollste. Denn zu sehen, wie er auf die andere Seite hinüber ging, ich an seiner Seite, war beruhigend. Ich wusste, dass jetzt all seine Schmerzen und Sorgen vergehen, er fortan an einem besseren Ort sei. Denn es gab keine Hoffnung mehr auf ein Leben, so wie wir es geführt hatten. Wir konnten uns verabschieden. Und darüber bin ich so dankbar – denken wir nur an all die Menschen, die sich während der Corona-Pandemie nicht Lebewohl sagen konnten.

Wonach hast du das Bestattungshaus ausgewählt?

Einen Monat vor seinem Tod hatte der Arzt uns bestätigt, dass alle Therapien versagt hatten. Die Hoffnung versiegte. Und ich bereitete mich auf das vor, was unausweichlich kommen würde.

Vor fünfzehn Jahren hatte ich mein Diplom über „Sarg Design“ geschrieben und besuchte im Rahmen meiner Recherchen einige Bestattungshäuser. Somit baute ich bereits vor Jahren die Hemmschwellen ab, mich mit den Dingen, die nach dem Tod kommen, zu beschäftigen.  

Das Bestattungshaus, das ich dann auswählte, hatte mich optisch angesprochen. Und als ich im Beratungsgespräch vermittelt bekam, dass ich die Trauerfeier nach meinen ganz eigenen Vorstellungen gestalten könne, wusste ich sofort, dass ich hier richtig war und wie diese Trauerfeier für mich aussehen sollte. So schön wie sein Leben, so herzlich wie seine Liebe und mit all den Menschen, die ihn geliebt und gemocht haben. 

Wie gehst du seither mit der Trauer um?

Ich war von Anfang an realistisch und habe weder die Krankheit noch seinen bevorstehenden Tod abgetan. Liebe versetzt Berge und Trauer ist nur die Fortsetzung von Liebe. Trauer zieht dich hinab ins Dunkel, sie hat aber auch die unbändige Kraft dich wachsen zu lassen. Ich nehme die Trauer so, wie sie kommt. Aber ich lasse mich von ihr nur so weit hinab ziehen, dass ich irgendwo immer noch einen Lichtschein erkennen kann. Ein Licht, das mir den Weg aus dem Dunkel weist und mich wieder an die Oberfläche bringt.

 

Wie kommst du mit deinem neuen Leben zurecht?

Einen Verlust zu verarbeiten ist ein Prozess mit Höhen und Tiefen. Alles hat seine Zeit, alles braucht auch seine Zeit. Nach und nach ist mir erst bewusst geworden, was ich wirklich wirklich in Zukunft machen will: ich will als Coach und Trauerbegleiterin arbeiten, und auch wieder durch die Brille der Designerin schauen. Seitdem ich so konkret weiß, was ich will, geht es wieder mit Energie vorwärts.

In den ersten beiden Jahren habe ich ein paar Dinge ausprobiert und verworfen, da sie sich (noch) nicht richtig anfühlten. Ich musste erst wieder einen Sinn finden, Motivation, für etwas entflammen. Es kommt nichts angeflogen, man muss immer einen Schritt nach dem anderen setzen, nur im Gehen formt sich der Weg. Endlich habe ich wieder Ziele vor Augen – das tut gut und gibt neue Energien frei. Das Leben hält noch einiges für mich parat – es liegt an mir, das Beste aus meinem Leben zu machen!