Meine Seele und mein Verstand führen unterschiedliche Terminkalender.

Als die Reise losging, folgte ich meinem inneren Kompass. Ich wusste weder wohin es geht, noch, wann ich irgendwo ankomme. Ankommen, wo denn auch? Wenn man seinen Ehepartner zu Grabe trägt, landet auch das eigene Leben unter der Erde.

Da war ich nun, auf hoher See, manövrierte mich nach dem Bauchgefühl durch diesen Alltag, der keiner mehr war. Alles hatte sich verändert und ich konnte auf keine eigenen Erfahrungen zurück greifen. Für meine Seele, meinen Geist und meinen Körper war das Neuland.

Die drei bekamen das nach einer Weile auch ganz gut in den Griff – bis der Verstand in die Gruppe preschte und meinte, er würde jetzt sagen, wo es lang geht. Ihr ahnt vielleicht schon, worauf dieser Text hinaus läuft.

Der Verstand übernahm also das Ruder und ich kam ein wenig vom Kurs ab. So bogen wir auf der Suche nach dem neuen Leben hier und da ab, doch das kostete nicht nur Kraft, hinterließ auch ein Gefühl von „das war es noch nicht“. Das war natürlich Anlass für den Verstand noch mehr am Gras zu ziehen, wie man so schön sagt.

Vor kurzem schrieb ich meine Selbstreflexion als Abschlussarbeit in der Ausbildung zur Trauerbegleiterin. Mich verfolgte dabei das Gefühl „ich bin noch nicht soweit“, das ich mir nicht so recht erklären konnte. Nach fast vier Jahren, nach der ganzen Ausbildung, nach allem, was ich schon versucht und gelernt hatte. Aber es fehlte noch ein wichtiger Schritt, besser gesagt eine ganz wichtige Erkenntnis.

Ich nahm Hilfe an. – Ja, auch vier Jahre nach einem Verlust darf man noch zu einer Trauerbegleitung gehen! – Da gab es noch Trümmer unter den Trauer-Trümmern, die angesehen und gewürdigt werden wollten. Und in der Auseinandersetzung mit ihnen erkannte ich, dass ich, als ich begann am Gras zu ziehen, das Vertrauen in den Prozess verloren hatte. Und zwar in dem Moment, als der Verstand den Terminkalender übernahm.

„Vertraue dem Prozess“ bedeutet seiner Intuition zu folgen, sich selbst zu vertrauen. Es steckt alles in uns. Wir können mit den dunkelsten Tiefen in unserem Leben fertig werden, wenn wir nah bei uns sind und uns selbst vertrauen. Unser Innerstes weiß genau, was zu tun ist.

Der Verstand ist selbstverständlich wichtig, lässt sich aber gerne mal von außen beeinflussen. „Nach fast vier Jahren musst du doch…“ oder „Ich habe schon so viel dafür investiert…“ oder Momente, in denen man eigentlich schon weiß, dass man sich die Dinge nur schön redet.

Trust the Process! Nicht das, was ich will ist entscheidend, sondern das, was ich brauche.

Die Reise geht weiter und ich freue mich auf alles, was es zu entdecken gibt. Bis zum Jahresende nehme ich mir eine Auszeit, denn jetzt stehen Todes- und Geburtstage an. Ein ganz großes Geschenk mache ich mir selbst: ich gehe nach Hamburg 🙂 Also „stay tuned“…



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